Betriebsstätte Deutschland
Betriebsstätte in Deutschland: Substanzanforderungen für Holdings, steuerliche Optimierung, Vermeidung unbeabsichtigter PE. Grenzüberschreitende Strukturierung. Kostenlose Beratung.
Zusammenfassung: Betriebsstätte Deutschland: Feste Geschäftseinrichtung begründet beschränkte Steuerpflicht (~30%). Substanzanforderungen für Holdings: Büro, Personal, echte Entscheidungen vor Ort. Bauausführungen >12 Monate, abhängige Vertreter, Home-Office können Betriebsstätte auslösen. Sorgfältige Strukturierung vermeidet Risiken.
Betriebsstätte im deutschen Steuerrecht
Die Betriebsstätte ist ein zentraler Begriff im internationalen Steuerrecht. Sie bestimmt, ob und inwieweit Deutschland Besteuerungsrechte an Unternehmensgewinnen hat. Für ausländische Unternehmen ist die Frage der Betriebsstättenbegründung oft entscheidend für die Steuerbelastung.
Definition der Betriebsstätte
Nach deutschem Recht (§12 AO)
Nach der Abgabenordnung ist eine Betriebsstätte jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient:
- Ort der Geschäftsleitung
- Zweigniederlassungen
- Geschäftsstellen
- Fabrikations- oder Werkstätten
- Warenlager
- Ein- oder Verkaufsstellen
- Bergwerke, Steinbrüche
- Bauausführungen über 6 Monate
Nach Doppelbesteuerungsabkommen (Art. 5 OECD-MA)
Die DBA-Definition ist enger und erfordert typischerweise:
| Kriterium | Anforderung |
|---|---|
| Feste Einrichtung | Örtlich gebunden, nicht mobil |
| Dauerhaftigkeit | Mehr als 6-12 Monate (je nach DBA) |
| Verfügungsmacht | Unternehmen hat Kontrolle über Räume |
| Geschäftstätigkeit | Kerngeschäft wird ausgeübt (nicht nur Hilfstätigkeiten) |
Wann entsteht eine Betriebsstätte?
1. Feste Geschäftseinrichtung
Die klassische Betriebsstätte durch physische Präsenz:
- Büroräume: Gemietete oder eigene Büros
- Produktionsstätten: Fabriken, Werkstätten
- Lager: Wenn mehr als nur Lagerung (z.B. Auslieferung)
- Repräsentanzen: Wenn Kerngeschäft ausgeübt wird
2. Bau- und Montagebetriebsstätte
| Regelung | Frist |
|---|---|
| §12 AO (national) | 6 Monate |
| DBA (OECD-Standard) | 12 Monate |
| Einzelne DBA | 6-24 Monate (je nach Abkommen) |
3. Vertreterbetriebsstätte
Ein abhängiger Vertreter kann eine Betriebsstätte begründen, wenn er:
- Vollmacht zum Vertragsabschluss hat
- Diese Vollmacht gewöhnlich ausübt
- Nicht unabhängig handelt (eigenes Risiko)
- Im Namen des ausländischen Unternehmens tätig ist
Achtung: Seit dem MLI/BEPS sind die Regelungen zur Vertreterbetriebsstätte verschärft worden. Auch Vertreter, die nur "wesentlich" zum Vertragsabschluss beitragen, können eine Betriebsstätte begründen.
4. Geschäftsleitungsbetriebsstätte
Der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung ist immer eine Betriebsstätte und kann sogar zur unbeschränkten Steuerpflicht führen:
- Entscheidend: Wo werden wesentliche Entscheidungen getroffen?
- Relevante Faktoren: Vorstandssitzungen, Strategieentwicklung, operative Leitung
- Risiko: Unbeabsichtigte Sitzverlegung bei zu viel Aktivität in Deutschland
Substanzanforderungen für Holdings
Um steuerliche Anerkennung zu gewährleisten und Missbrauchsvorwürfe zu vermeiden, sollten Holdinggesellschaften über ausreichende Substanz verfügen:
Mindestanforderungen
| Bereich | Anforderung |
|---|---|
| Geschäftsräume | Eigene oder gemietete Büroräume (nicht nur Briefkasten) |
| Personal | Qualifiziertes Personal vor Ort (Geschäftsführung, Buchhalter) |
| Entscheidungsfindung | Wesentliche Entscheidungen werden vor Ort getroffen |
| Kommunikation | Eigene Telefon-/Faxnummer, E-Mail-Adresse |
| IT-Infrastruktur | Eigene Computer, Server, Internetzugang |
| Dokumentation | Protokolle, Verträge, Korrespondenz vor Ort |
Erweiterte Substanz (Best Practice)
- Bankkonten: Geschäftskonto bei deutscher Bank
- Buchhaltung: Buchführung vor Ort oder durch lokalen Steuerberater
- Verträge: Wesentliche Verträge am Sitz unterzeichnet
- Sitzungen: Regelmäßige Gesellschafterversammlungen am Sitz
- Außenauftritt: Website, Visitenkarten, Geschäftspapier mit Adresse
Steuerliche Folgen einer Betriebsstätte
Steuerpflichten
| Steuerart | Anwendbarkeit |
|---|---|
| Körperschaftsteuer | 15% + 5,5% Soli auf Betriebsstättengewinn |
| Gewerbesteuer | 7-17% je nach Gemeinde |
| Lohnsteuer | Abzugspflicht für Arbeitnehmer der Betriebsstätte |
| Umsatzsteuer | Bei steuerbaren Umsätzen in Deutschland |
Gewinnermittlung
Der Betriebsstättengewinn wird nach dem Fremdvergleichsgrundsatz ermittelt:
- Funktionsanalyse: Welche Funktionen übt die Betriebsstätte aus?
- Risikoanalyse: Welche Risiken trägt die Betriebsstätte?
- Vermögenszuordnung: Welche Wirtschaftsgüter sind zuzuordnen?
- Dotationskapital: Angemessene Eigenkapitalausstattung
- Verrechnungspreise: Innerbetriebliche Leistungen zu Marktpreisen
Vermeidung unbeabsichtigter Betriebsstätten
Präventive Maßnahmen
- Keine festen Räume: Flexible Bürolösungen, Coworking
- Unabhängige Vertreter: Makler, Agenten ohne Vollmacht
- Bauzeit begrenzen: Projekte unter DBA-Frist halten
- Geschäftsleitung: Entscheidungen im Ausland treffen
- Home-Office: Regelungen sorgfältig prüfen
- Vertragsgestaltung: Keine Abschlussvollmacht erteilen
Strukturierungsalternativen
- Tochtergesellschaft: GmbH statt Betriebsstätte
- Kommissionsmodell: Handeln im eigenen Namen
- Dienstleistungsgesellschaft: Separate Einheit für Support
- E-Commerce: Vertrieb ohne physische Präsenz
Besondere Fallkonstellationen
Home-Office als Betriebsstätte
Das Arbeiten von Mitarbeitern aus dem Home-Office kann eine Betriebsstätte begründen, wenn:
- Der Arbeitgeber die Räume zur Verfügung stellt oder finanziert
- Der Arbeitnehmer wesentliche Unternehmensfunktionen ausübt
- Die Tätigkeit dauerhaft angelegt ist
- Abschlussvollmachten erteilt wurden
Digitale Betriebsstätte
Server und digitale Präsenz können unter Umständen eine Betriebsstätte begründen:
- Server in Deutschland: Kann Betriebsstätte sein, wenn Kernfunktionen
- Website allein: Grundsätzlich keine Betriebsstätte
- Automatisierte Vertragsabschlüsse: Grauzone, Einzelfallprüfung
Registrierungs- und Meldepflichten
Bei Betriebsstättenbegründung
- Finanzamt: Steuerliche Erfassung
- Handelsregister: Zweigniederlassungseintragung (falls relevant)
- Gewerbeamt: Gewerbeanmeldung
- IHK: Kammerzugehörigkeit
- Sozialversicherung: Bei Beschäftigten
Laufende Pflichten
- Körperschaft- und Gewerbesteuererklärung
- Umsatzsteuervoranmeldungen
- Lohnsteueranmeldungen
- Buchführung und Bilanzierung
- Verrechnungspreisdokumentation
Unsere Beratungsleistungen
- Strukturanalyse: Prüfung bestehender/geplanter Aktivitäten
- Risikoassessment: Identifikation von Betriebsstättenrisiken
- Gestaltungsberatung: Optimale Struktur für Ihre Ziele
- Substanzaufbau: Unterstützung bei Erfüllung der Anforderungen
- Registrierung: Begleitung bei behördlichen Anmeldungen
- Compliance: Laufende steuerliche Betreuung
Häufig Gestellte Fragen
Eine Betriebsstätte ist eine feste Geschäftseinrichtung, durch die die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird. Dazu gehören Geschäftsleitungen, Zweigniederlassungen, Fabriken, Werkstätten, Lager und Büros. Die Definition findet sich in §12 AO und in Doppelbesteuerungsabkommen.
Eine Betriebsstätte entsteht bei: fester Geschäftseinrichtung (Büro, Lager), Bauausführungen über 12 Monate, abhängigen Vertretern mit Abschlussvollmacht, oder faktischer Geschäftsleitung in Deutschland. Auch Home-Office-Regelungen können eine Betriebsstätte begründen.
Holdings sollten haben: eigene Geschäftsräume, qualifiziertes Personal, echte Entscheidungsfindung vor Ort, eigene IT-Infrastruktur, nachweisbare Geschäftstätigkeit. Reine Briefkastengesellschaften werden nicht anerkannt, besonders bei grenzüberschreitenden Strukturen.
Vermeidungsstrategien: keine festen Räume nutzen, keine abhängigen Vertreter mit Vollmacht, Bauzeiten unter 12 Monate halten, Geschäftsleitung im Ausland belassen, Home-Office-Regelungen prüfen. Eine sorgfältige Strukturierung vor Markteintritt ist entscheidend.
Eine deutsche Betriebsstätte unterliegt der beschränkten Steuerpflicht: Körperschaftsteuer 15% + Soli auf Betriebsstättengewinn, Gewerbesteuer 7-17%, Lohnsteuerabzugspflicht für Mitarbeiter. Dazu kommen Registrierungs- und Erklärungspflichten.
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