Betriebsstätte Deutschland - Substanz & Steuerliche Gestaltung | LuxLex Law

Betriebsstätte Deutschland

Betriebsstätte in Deutschland: Substanzanforderungen für Holdings, steuerliche Optimierung, Vermeidung unbeabsichtigter PE. Grenzüberschreitende Strukturierung. Kostenlose Beratung.

8 Min. Lesezeit Aktualisiert: Décembre 2025

Zusammenfassung: Betriebsstätte Deutschland: Feste Geschäftseinrichtung begründet beschränkte Steuerpflicht (~30%). Substanzanforderungen für Holdings: Büro, Personal, echte Entscheidungen vor Ort. Bauausführungen >12 Monate, abhängige Vertreter, Home-Office können Betriebsstätte auslösen. Sorgfältige Strukturierung vermeidet Risiken.

Betriebsstätte im deutschen Steuerrecht

Die Betriebsstätte ist ein zentraler Begriff im internationalen Steuerrecht. Sie bestimmt, ob und inwieweit Deutschland Besteuerungsrechte an Unternehmensgewinnen hat. Für ausländische Unternehmen ist die Frage der Betriebsstättenbegründung oft entscheidend für die Steuerbelastung.

Definition der Betriebsstätte

Nach deutschem Recht (§12 AO)

Nach der Abgabenordnung ist eine Betriebsstätte jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient:

  • Ort der Geschäftsleitung
  • Zweigniederlassungen
  • Geschäftsstellen
  • Fabrikations- oder Werkstätten
  • Warenlager
  • Ein- oder Verkaufsstellen
  • Bergwerke, Steinbrüche
  • Bauausführungen über 6 Monate

Nach Doppelbesteuerungsabkommen (Art. 5 OECD-MA)

Die DBA-Definition ist enger und erfordert typischerweise:

Kriterium Anforderung
Feste Einrichtung Örtlich gebunden, nicht mobil
Dauerhaftigkeit Mehr als 6-12 Monate (je nach DBA)
Verfügungsmacht Unternehmen hat Kontrolle über Räume
Geschäftstätigkeit Kerngeschäft wird ausgeübt (nicht nur Hilfstätigkeiten)

Wann entsteht eine Betriebsstätte?

1. Feste Geschäftseinrichtung

Die klassische Betriebsstätte durch physische Präsenz:

  • Büroräume: Gemietete oder eigene Büros
  • Produktionsstätten: Fabriken, Werkstätten
  • Lager: Wenn mehr als nur Lagerung (z.B. Auslieferung)
  • Repräsentanzen: Wenn Kerngeschäft ausgeübt wird

2. Bau- und Montagebetriebsstätte

Regelung Frist
§12 AO (national) 6 Monate
DBA (OECD-Standard) 12 Monate
Einzelne DBA 6-24 Monate (je nach Abkommen)

3. Vertreterbetriebsstätte

Ein abhängiger Vertreter kann eine Betriebsstätte begründen, wenn er:

  • Vollmacht zum Vertragsabschluss hat
  • Diese Vollmacht gewöhnlich ausübt
  • Nicht unabhängig handelt (eigenes Risiko)
  • Im Namen des ausländischen Unternehmens tätig ist

Achtung: Seit dem MLI/BEPS sind die Regelungen zur Vertreterbetriebsstätte verschärft worden. Auch Vertreter, die nur "wesentlich" zum Vertragsabschluss beitragen, können eine Betriebsstätte begründen.

4. Geschäftsleitungsbetriebsstätte

Der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung ist immer eine Betriebsstätte und kann sogar zur unbeschränkten Steuerpflicht führen:

  • Entscheidend: Wo werden wesentliche Entscheidungen getroffen?
  • Relevante Faktoren: Vorstandssitzungen, Strategieentwicklung, operative Leitung
  • Risiko: Unbeabsichtigte Sitzverlegung bei zu viel Aktivität in Deutschland

Substanzanforderungen für Holdings

Um steuerliche Anerkennung zu gewährleisten und Missbrauchsvorwürfe zu vermeiden, sollten Holdinggesellschaften über ausreichende Substanz verfügen:

Mindestanforderungen

Bereich Anforderung
Geschäftsräume Eigene oder gemietete Büroräume (nicht nur Briefkasten)
Personal Qualifiziertes Personal vor Ort (Geschäftsführung, Buchhalter)
Entscheidungsfindung Wesentliche Entscheidungen werden vor Ort getroffen
Kommunikation Eigene Telefon-/Faxnummer, E-Mail-Adresse
IT-Infrastruktur Eigene Computer, Server, Internetzugang
Dokumentation Protokolle, Verträge, Korrespondenz vor Ort

Erweiterte Substanz (Best Practice)

  • Bankkonten: Geschäftskonto bei deutscher Bank
  • Buchhaltung: Buchführung vor Ort oder durch lokalen Steuerberater
  • Verträge: Wesentliche Verträge am Sitz unterzeichnet
  • Sitzungen: Regelmäßige Gesellschafterversammlungen am Sitz
  • Außenauftritt: Website, Visitenkarten, Geschäftspapier mit Adresse

Steuerliche Folgen einer Betriebsstätte

Steuerpflichten

Steuerart Anwendbarkeit
Körperschaftsteuer 15% + 5,5% Soli auf Betriebsstättengewinn
Gewerbesteuer 7-17% je nach Gemeinde
Lohnsteuer Abzugspflicht für Arbeitnehmer der Betriebsstätte
Umsatzsteuer Bei steuerbaren Umsätzen in Deutschland

Gewinnermittlung

Der Betriebsstättengewinn wird nach dem Fremdvergleichsgrundsatz ermittelt:

  • Funktionsanalyse: Welche Funktionen übt die Betriebsstätte aus?
  • Risikoanalyse: Welche Risiken trägt die Betriebsstätte?
  • Vermögenszuordnung: Welche Wirtschaftsgüter sind zuzuordnen?
  • Dotationskapital: Angemessene Eigenkapitalausstattung
  • Verrechnungspreise: Innerbetriebliche Leistungen zu Marktpreisen

Vermeidung unbeabsichtigter Betriebsstätten

Präventive Maßnahmen

  • Keine festen Räume: Flexible Bürolösungen, Coworking
  • Unabhängige Vertreter: Makler, Agenten ohne Vollmacht
  • Bauzeit begrenzen: Projekte unter DBA-Frist halten
  • Geschäftsleitung: Entscheidungen im Ausland treffen
  • Home-Office: Regelungen sorgfältig prüfen
  • Vertragsgestaltung: Keine Abschlussvollmacht erteilen

Strukturierungsalternativen

  • Tochtergesellschaft: GmbH statt Betriebsstätte
  • Kommissionsmodell: Handeln im eigenen Namen
  • Dienstleistungsgesellschaft: Separate Einheit für Support
  • E-Commerce: Vertrieb ohne physische Präsenz

Besondere Fallkonstellationen

Home-Office als Betriebsstätte

Das Arbeiten von Mitarbeitern aus dem Home-Office kann eine Betriebsstätte begründen, wenn:

  • Der Arbeitgeber die Räume zur Verfügung stellt oder finanziert
  • Der Arbeitnehmer wesentliche Unternehmensfunktionen ausübt
  • Die Tätigkeit dauerhaft angelegt ist
  • Abschlussvollmachten erteilt wurden

Digitale Betriebsstätte

Server und digitale Präsenz können unter Umständen eine Betriebsstätte begründen:

  • Server in Deutschland: Kann Betriebsstätte sein, wenn Kernfunktionen
  • Website allein: Grundsätzlich keine Betriebsstätte
  • Automatisierte Vertragsabschlüsse: Grauzone, Einzelfallprüfung

Registrierungs- und Meldepflichten

Bei Betriebsstättenbegründung

  • Finanzamt: Steuerliche Erfassung
  • Handelsregister: Zweigniederlassungseintragung (falls relevant)
  • Gewerbeamt: Gewerbeanmeldung
  • IHK: Kammerzugehörigkeit
  • Sozialversicherung: Bei Beschäftigten

Laufende Pflichten

  • Körperschaft- und Gewerbesteuererklärung
  • Umsatzsteuervoranmeldungen
  • Lohnsteueranmeldungen
  • Buchführung und Bilanzierung
  • Verrechnungspreisdokumentation

Unsere Beratungsleistungen

  • Strukturanalyse: Prüfung bestehender/geplanter Aktivitäten
  • Risikoassessment: Identifikation von Betriebsstättenrisiken
  • Gestaltungsberatung: Optimale Struktur für Ihre Ziele
  • Substanzaufbau: Unterstützung bei Erfüllung der Anforderungen
  • Registrierung: Begleitung bei behördlichen Anmeldungen
  • Compliance: Laufende steuerliche Betreuung

Häufig Gestellte Fragen

Eine Betriebsstätte ist eine feste Geschäftseinrichtung, durch die die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird. Dazu gehören Geschäftsleitungen, Zweigniederlassungen, Fabriken, Werkstätten, Lager und Büros. Die Definition findet sich in §12 AO und in Doppelbesteuerungsabkommen.

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